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Zur Entstehung des Films
Wie immer herzliche Grüße – dieser Film ist innerhalb von 3 Jahren entstanden. Es war ein langwieriger Prozess, denn wir haben uns die Entscheidungen und Schritte in keiner der vielen Entstehungsetappen leicht gemacht.
Am Anfang gibt es nur die Briefe. 3 Monate fahren wir immer wieder nach Berlin, um im Museum für Kommunikation im Archiv mit weißen Baumwollhandschuhen uns durch die mehr als 5000 Briefe zu lesen. Es sind Korrespondenzen zwischen Westdeutschland und der DDR, 40 Jahre Briefkontakte während der deutsch-deutschen Teilung.
Unter ihnen befindet sich auch die Korrespondenz von Karl-Heinz und Gerhard, die leider nur einseitig erhalten geblieben ist. Doch was der Dresdner in seinen Briefen an seinen Freund nach Stuttgart schreibt, beeindruckt uns sehr und so finden wir nach einigen Monaten unseren Protagonisten.
Nun stehen wir vor einer neuen Herausforderung: wie läßt sich mit Hilfe dieser Briefdokumente ein Film realisieren? Die schlichte Bebilderung der Briefe kommt für uns nicht in Frage. Nach kurzer Recherche können wir den Kontakt zu Gerhard ausfindig machen und besuchen ihn in Stuttgart. Von ihm erfahren wir, dass Karl-Heinz 10 Jahre nach der Wende gestorben ist. Ein Zeitzeugengespräch ist somit ausgeschlossen und hätte wahrscheinlich die Kraft der Briefe sowieso eher geschwächt als unterstrichen.
Um auf neue Gestaltungsideen zu kommen, schauen wir uns Filme an. Unten ihnen ist auch Winter adé von Helge Misselwitz. In diesem Film aus dem Jahr 1987 reist die Autorin mit der Bahn vom Süden der DDR bis hoch in den Norden. Auf ihrem Weg trifft sie unterschiedliche Frauen, die ihr aus ihrem Lebensalltag berichten. Der Film beeindruckt uns sehr und es entsteht die Idee, selbst eine Deutschlandreise zu unternehmen.
Die Vorbereitungen sind aufregend. Wir kaufen uns einen Atlas und verfolgen die ehemalige Grenzlinie auf der Karte. Viele Dörfer, Städte, Landschaften und Bundesländer würden wir streifen und so benötigen wir einige Zeit, um uns auf bestimmte Standorte und Ziele unserer Reiseroute festzulegen. Einige Kontakte recherchieren wir an, an anderen Orten hoffen wir auf spontane Begegnungen.
Wir setzen für unsere Reise 3 Wochen an. Über 1400 km liegen vor uns. Doch wir haben das Glück, dass uns der Bayerische Rundfunk einen Bus zur Verfügung stellt, was uns zweierlei Vorteile bringt:
Wir können einerseits zu viert mit der Technik bequem reisen und andererseits schenken uns die Leute, denen wir begegnen, erstaunlicherweise schneller ihre Aufmerksamkeit und Vertrauen.
Die drei Wochen Fahrt sind sehr schnell vorüber. Bei vielen Menschen wären wir gern noch länger geblieben und vor allem die geplanten Fahr- und Ruhetage stellen sich als die anstrengensten Drehtage heraus. Neugierig auf alles, was vor uns liegt, biegen wir immer wieder in die eine oder andere Seitenstraße ein, die häufig neue Begegnungen oder spannende Eindrücke für uns bereit hält.
Der größte Teil der Arbeit wartet jedoch im Schnitt auf uns und hier sammeln wir auch die meisten Erfahrungen. Es gibt nichts, was wir nicht ausprobieren: lineare/nonlineare Erzählweise, nach Themen geordnet oder nach Begegnungen sortiert, mit und ohne Chronlogie der Reise, mit oder ohne uns im Bild, mit oder ohne unseren Kommentar, unterschiedliche Platzierung der Briefausschnitte, mit und ohne zeitlicher Chronologie der Briefe. Über anderthalb Jahre verkriechen wir uns im Schneideraum, bis wir beide mit dem Ergebnis zufrieden sind und auch unsere Testvorführungen endlich positiv ausfallen.
Noch zu erwähnen sind vor allem unser Kameramann Thomas Doberitzsch, unser Musiker – und Sounddesigner Frieder Wohlfarth und unser Sprecher Henrik Wöhler, die alle mit einem ganz besonderem Gespür für den Film wunderbare Arbeit geleistet haben und denen wir an dieser Stelle nochmals herzlich danken wollen.
Am 1. Juli 2009 ist der Film nun endlich fertig geworden. Wir hoffen sehr, dass er sein Publikum finden wird, denn wir denken, dass der Film zu einem seltenen Zeitzeugnis geworden ist, das wir gerne weitergeben möchten.
Wie immer herzliche Grüße
Nancy Brandt & Helen Simon
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